Wie können wir immersive (Erinnerung-)Räume bauen, die die Schauspielerinnen gemeinsam mit dem Publikum begehen und immer wieder neu durch - Licht - video - sound und Erzählung entstehen lassen?
„Unsere ortsspezifische Arbeitsweise im Falle von SEID DOCH LAUT war in unterschiedlichen Probenmomenten geprägt von einem Verständnis für die symbolische Kraft des Ortes, durch die Aufmerksamkeit für den tatsächlichen Ort, sowie in den meisten Momenten für ein Interesse an emergenten ‚Erinnerungsräumen‘ für die der Festsaal in der Stasi-Zentrale zum Medium wurde.“
„Diese Abfolge von ‚Erinnerungsräumen“, die wir früh im Team festlegten und zu zweit, mit der Videokünstlerin Elisa Purfürst, konkretisierten, bildete die Grundlage unserer Arbeit am Raumkonzept und damit verbunden der Entwicklung und dem Einsatz unterschiedlicher multimedialer Inszenierungsmittel.“
„Da wir im denkmalgeschützten Gebäude nur begrenzt mit tatsächlichem Bühnenbild umgehen konnten, mussten wir andere Gestaltungsformen wählen, um unterschiedliche Spielflächen zu markieren und verschiedene Räumlichkeiten zu erzählen. Die Projektionen konnten von den Schauspielerinnen im besten Fall während des Spiels immer wieder selbst neuausgerichtet werden, sodass durch ungewöhnliche Projektionswinkel nicht nur unterschiedliche Raumabschnitte als Spielflächen markiert wurden, sondern durch assoziatives und dokumentarisches Material auch unterschiedliche historische Originalorte in den so entstehenden Räumen mitgezählt wurden.“
„Spannend bei der Frage nach der Form von Ortsspezifik, die dieser Einsatz von Technik produziert, sind für mich zwei Aspekte: Einerseits das Markieren von Spielflächen innerhalb eines denkmalgeschützten und damit unveränderteren Originalraumes. – Für mich verschwindet in diesen Szenen der Originalraum keineswegs, sondern wird zum stets sichtbaren Medium eines darin aufscheinenden, assoziativen ‚Erinnerungsraumes. Und andererseits: Das Verhältnis von assoziativem, dokumentarischem Material innerhalb der Projektion und den Erzählungen bzw. dokumentarischen Interviewausschnitten, die auf und in diesen projizierten Spielflächen wiedergegeben werden.“
„Elisa Purfürsts Videos lieferten dabei immer schon eine fragmentierte, sehr subjektive Perspektive auf diese historischen Originalorte. Für mich erzählen die Videos selbst von Erinnerung als Rekonstruktion und Annäherung an eine vergessende oder nur noch teilweise erhaltene Geschichte. Wir sehen fragmentierte Bilder, die an historische Originalorte erinnern und gleichzeitig, durch ihre raumgreifende Projektionsfläche, aktuelle Spielräume erschaffen, in denen durch die Schauspielerinnen Interviewauszüge zum Leben erweckt werden. Beinahe wörtlich würde ich die Ortsspezifik, also das Verhältnis Ort – Material – Geschichte in diesem Fall als tatsächliche ‚Erinnerungsräume‘ beschreiben, in denen unterschiedliche Formen des Vergessens, Erinnern und Geschichten-Erzählens auf verschiedenen künstlerischen Materialebenen verhandelt werden. Da der Originalort – die Stasi-Zentrale – allerdings eher als zusätzlich symbolisch aufgeladenes Medium funktioniert, können diese ‚Erinnerungsräume‘ beispielsweise für Wiederaufnahmen an anderen Orten der Stasi-Diktatur neugezeigt werden.“
Lichtdesignerin Maria Huber, März 2023









