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Stasi-Zentrale Campus für Demokratie.

ort der Repression, Ort der Revolution, Ort der Aufklärung.

... Ort der Kunst und kultur?

Ein Theater jenseits des Theatergebäudes. Mit der Performance SEID DOCH LAUT besetzen wir den Ort, der 40 Jahre lang die Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit war. Um die Macht der SED zu sichern, organisierten die Stasi-Mitarbeiter*innen von hier aus die Überwachung und Unterdrückung der DDR-Bevölkerung, von hier gab Erich Mielke die Todesschussbefehle entlang der innerdeutschen Grenze. Die Menschenfeindlichkeit, die mit diesem Ort verbunden ist, strahlen die Gebäude des Geländes immer noch aus. Wir wählen diesen Ort, weil von ihm aus die Repressionen und Zersetzungen der Oppositionsgruppe „Frauen für den Frieden“ ausgingen, hier fanden die Zuführungen statt. Von hier aus wurden die IM (informellen Mitarbeiter) in die Friedensgruppe eingeschleust. Mit der Rückkehr an diesen Ort verweigern wir der Staatssicherheit das Wort und erzählen die Geschichte allein aus der Perspektive der „Frauen für den Frieden“. Die Performance findet im Haus 22 statt, dem „Feldherrenhügel“ im Zentrum des Areals, es ist der ehemalige Konferenzsaal für Festveranstaltungen. Die Größe des Raums wird genutzt, die räumliche Trennung zwischen Zuschauenden und Performerinnen ist aufgehoben. Inspiriert von den Politischen Nachtgebeten, die die Friedensfrauen in der Auferstehungskirche veranstalteten, wird der Ort der Repression transformiert in einen Ort des demokratischen Austauschs.

Durch das Stattfinden der Performance an diesem historisch aufgeladenen Ort tritt die Performance eine Beziehung mit dem Ort ein, dem realen Ort. Anders als beim Theaterbau ist dieser Ort nicht neutral. Der Ort hat eine Geschichte, die nicht dem Präsentieren von Theater gilt. Seine Bedeutung und sein Gebrauch erfährt eine Entfremdung. Daher wird durch die Performance ebenso Aufmerksamkeit auf den Raum gezogen. Es ist also eine Beeinflussung in beide Richtungen. Wir überschreiben diesen Ort, aber nicht zum ersten Mal. Es ist ein Ort der Überschreibungen. Jede hinterlässt Spuren. Sechs Farbschichten sind es an der Wandtäfelung. Wir bewegen uns auf dem fleckigen Teppich der Deutschen Bahn, die das Gelände 2011, es heißt für einen Euro, verkaufte, die Wände sind weiß übertüncht, die alten Lampen an den Decken unter Leuchtstoffröhren versteckt, die zukünftige Nutzung dieser vielen Räume in der ehemaligen Stasi-Zentrale teilweise ungeklärt, der Grund und Boden inzwischen viel Geld wert. Räume und Orte für Kunst und Kultur werden durch steigende Immobilienpreise und Spekulationen immer kleiner, Verdrängung findet statt. Kunst kann dabei helfen unsere Demokratie zu schützen, denn durch Kunst bringen wir unsere Gefühle und unsere Weltbilder zum Ausdruck und die können auch mal kritisch sein. Eine starke Demokratie lebt von frei arbeitenden Künstler*innen. Ein Ort für Künstler*innenateliers wäre ein Zukunftsprojekt für den Campus für Demokratie.